Close up of the Universelle pocket watch.

Die unter der Bezeichnung „L‘Universelle“ bekannte Uhr wurde 1899 hergestellt und ist einer der kompliziertesten Zeitmesser der Welt. 1168 Komponenten (einschließlich 316 Schrauben) bringen hier 26 Funktionen zum Laufen – darunter 19 verschiedene Komplikationen.

Als Prunkstück des Musée Atelier Audemars Piguet bringt sie die Besucher zum Staunen. Und für Uhrmacher ist sie nach wie vor eine Quelle der Inspiration.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die kompliziertesten Uhren der Welt unter dem Namen großer internationaler Hersteller verkauft. Die Uhrwerke aber wurden größtenteils von einigen wenigen Kunsthandwerkern aus dem Vallée de Joux entworfen und gefertigt. Gute Beispiele sind die von Charles Ami LeCoultre 1878 geschaffene „Merveilleuse“, die Leroy 01, die im Jahr 1900 von Charles Emile Piguet für den Pariser Uhrmacher Louis Leroy hergestellt wurde, oder auch die Supercomplication „Henry Graves“, 1933 von Victorin Piguet für den Genfer Uhrmacher Patek Philippe (1933) entworfen.

Nahaufnahme der von Charles Ami Lecoultre 1878 entworfenen „Merveilleuse“.

Crédit : Collection Musée international d'horlogerie

Seit zwei Jahrhunderten stammen die komplexesten Kaliber der Welt fast immer aus dem Vallée de Joux, wo sie von einer Handvoll unvergleichlich fähiger Uhrmacher entworfen und angefertigt werden. 1899 beteiligte sich Audemars Piguet an der Herstellung von drei ultra-komplizierten Kalibern. Eins davon war für die berühmte Taschenuhr „L’Universelle“ gedacht, die derzeit das Herzstück der Ausstellung im Museum der Marke darstellt. Mit einem Meisterwerk, das extreme Komplexität mit besonders einfacher Bedienung verbindet, kehrt Audemars Piguet 2023 in dieses exklusive und äußerst anspruchsvolle Segment zurück.

Sébastian Vivas

Direktor Heritage und Museum bei Audemars Piguet

Entwurf der zukünftigen „L‘Universelle“. - Archivdokument über die „L‘Universelle“.

Der erste Entwurf der künftigen „L‘Universelle“ stammte vom bedeutenden Uhrmacher Louis Elisée Piguet (1836-1924). Tatsächlich ist in den Büchern seiner Werkstatt zwischen dem 17. April und dem 8. Juli 1899 die Lieferung von drei extra-komplizierten Uhrwerken an Audemars Piguet vermerkt. Diese drei Uhrwerke finden sich auch im „Grand Livre de fabrication“ wieder, einem Register, in dem die Entwürfe verzeichnet und mit laufenden Nummern versehen wurden. Die besagten drei Uhrwerke bieten ähnliche Funktionen, unterscheiden sich aber im Durchmesser. Der Entwurf für die „L‘Universelle“ trägt die Nummer 6074. Mit einem Durchmesser von 22 Linien (49,5 mm) handelt es sich um das kleinste der drei Modelle.

Die Uhrmacher Robert Piguet und William Reymond und ein gewisser G-H Goy befassten sich mit der Kadratur, damit auch die Schlagwerkssysteme, die verschiedenen Chronographenmechanismen und der Kalender reibungslos funktionierten. Der Name Louis Elisée Piguet taucht noch einmal im Zusammenhang mit dem Aufzug auf, neben dem von Gustave Piguet.

1898 beschäftigte Audemars Piguet elf Handwerker. Sechs davon waren so genannte Repasseure (Nacharbeiter). Im Jahr darauf wurden drei weitere Repasseure eingestellt. Im selben Jahr 1899 wird in den Registern von Audemars Piguet die künftige „L‘Universelle“ erwähnt, die damals noch „Grande Sonnerie Compliquée 22 Linien“ hieß.

Die Personalaufstockung beweist den Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften nach dem Eintreffen der Entwürfe für die „L‘Universelle“ und ihre Schwestermodelle. Demnach wurden diese Uhrwerke in den Werkstätten von Audemars Piguet nachbearbeitet.

Die Repassage, also das Nacharbeiten, ist ein sehr heikler Arbeitsgang, bei dem die Komponenten solange nachjustiert werden müssen, bis der Mechanismus einwandfrei funktioniert. Danach wurden die Nummern der Entwürfe aus dem Atelier von Louis Elisée Piguet durch Nummern von Audemars Piguet ersetzt. So wurde aus dem Entwurf Nr. 6074 das Uhrwerk 6142.

Mit seinen 26 Funktionen, darunter 19 klassischen Komplikationen, ist die „L‘Universelle“ eine der kompliziertesten Uhren der Welt und das komplexeste Werk, das Audemars Piguet im 19. Jahrhundert gefertigt hat.

Der Mechanismus ist nicht nur mit einer Grande Sonnerie Carillon, einem ewigen Kalender und einem Wecker mit Minutenanzeige ausgestattet, sondern verfügt auch über einen Split-Seconds-Chronographen, eine blitzende Sekunde und eine tote Sekunde (auch springende Sekunde genannt). Da fünf Chronographenzeiger über einen einzigen Drücker gesteuert werden, ist dieses Chronographenwerk auch heute noch einer der Mechanismen mit dem höchsten Integrationsgrad in der Geschichte der Uhrmacherkunst.

Nahaufnahme des Zifferblattes der Taschenuhr „L‘Universelle“.

Sein Kaliber mit einer Abmessung von 22 Linien (49,5 mm) enthält 1168 Bauteile, davon 316 Schrauben. Nach dem Einsetzen in das Gehäuse brachte die Uhr immerhin 605 Gramm auf die Waage!

Audemars Piguet lieferte das Uhrwerk der „L‘Universelle“ dann 1899 an den deutschen Uhrenhersteller Dürrstein & Co. (Union Glashütte), zusammen mit zwei ähnlichen ultra-komplizierten Uhrwerken (23 und 24 Linien). Diese beiden zusätzlichen Werke wurden zunächst beiseite gelegt. Sie sollten erst Jahrzehnte später fertiggestellt und mit einem Gehäuse versehen werden.

Die Arbeit an der „L‘Universelle“ wurde jedoch fortgesetzt. Nach letzten Abstimmungen und weiteren Perfektionierungen in den Werkstätten von Le Brassus und Glashütte wurde die fast fertiggestellte Uhr am 12. August 1900 erstmals auf der Leipziger Uhren-Ausstellung präsentiert.

Einige Jahrzehnte später gelang der „L‘Universelle“ ein großes Comeback: 1993 wurde sie bei einer Auktion von Sotheby‘s versteigert. Hier erwarb sie ein britischer Sammler historischer Uhren von Audemars Piguet. 2001 wurde diese Taschenuhr beträchtlich modifiziert: Ihr Uhrwerk wurde in ein neues Gehäuse aus Platin eingefügt und das Zifferblatt an den Geschmack des Eigentümers angepasst.

Von 2012 bis 2016 wurde die Uhr im Restaurationsatelier von Audemars Piguet sorgfältig wiederhergestellt – genau an dem Ort, an dem sie 1899 entstanden war. Zwei erfahrene Uhrenrestauratoren, Francisco Pasandin und Angelo Manzoni, teilten sich diese schwierige Aufgabe. Die Uhr erhielt dabei auch ihre ursprüngliche Verkleidung aus Roségold zurück.

Nahaufnahme der Code 11.59 by Audemars Piguet Universelle.

Code 11.59 by Audemars Piguet Universelle aus 18 Karat Weißgold. Durchmesser: 42 mm. Modell 26398BC.

Die Code 11.59 by Audemars Piguet Universelle ist als Hommage an die Taschenuhr „L’Universelle“ aus dem Jahr 1899 gedacht. Die Teams von Audemars Piguet wollten eine besonders komplexe mechanische Armbanduhr erschaffen, die sich gleichzeitig ganz leicht bedienen lässt.

Nahaufnahme der Code 11.59 by Audemars Piguet Universelle.

Im Automatik-Uhrwerk der Code 11.59 by Audemars Piguet Ultra-Complication Universelle RD#4 mit seinen mehr als 1100 Bauteilen vereinigt sich das gesamte Fachwissen und Uhren-Know-how der Manufaktur. Das Kaliber 1000 bietet 40 Funktionen – 23 Komplikationen und 17 technische Spezialvorrichtungen. Das Ziel: intuitive Bedienung.

Mit einem Gewicht von gerade einmal 180 Gramm, einem Durchmesser von 42,4 mm bei einer Höhe von 15,5 mm ist die neue Universelle viereinhalbmal kleiner und dreieinhalbmal leichter als ihre Vorgängerin. Außerdem besitzt sie nur halb so viele Drücker und Korrekturdrücker. Sie verfügt insbesondere über eine Grande Sonnerie Supersonnerie, einen halbgregorianischen ewigen Kalender, einen Split-Seconds-Chronographen mit Flyback-Funktion sowie ein fliegendes Tourbillon.

So viel Know-how auf so kleinem Raum – die Entwicklung der Universelle erinnert ein bisschen an die Suche nach dem heiligen Gral. Geträumt haben wir davon schon seit 100 Jahren, ernsthaft darüber nachgedacht seit 20 Jahren. Am Ende hat es dann noch weitere 7 Jahre gedauert, bis der Traum Wirklichkeit werden konnte.

François-Henry Bennahmias

Chief Executive Officer von Audemars Piguet von 2012 bis 2023

Innenansicht des Musée Atelier Audemars Piguet.

Die temporäre Ausstellung „Simplement Compliquée“ (Einfach kompliziert) im Musée Atelier Audemars Piguet bietet technische, aber auch verspielte und poetische Einblicke in die neue Code 11.59 by Audemars Piguet Universelle. Sie erzählt auch von der außergewöhnlichen Teamarbeit, die der Entstehung einer der kompliziertesten Uhren der Welt vorausgegangen ist. Sie enthüllt ihre Geheimnisse und führt die erstaunlich komfortable Bedienung vor.

„Simplement Compliquée“ ist im Musée Atelier Audemars Piguet vom 6. Februar bis zum 1. Dezember 2023 zu sehen.

Adresse:

Route de France 18
1348 Le Brassus, Schweiz